Der steirische Spezialist fertigt komplexe Komponenten für stationäre Gasturbinen in den USA. In der ersten Phase des Projekts werden bis zum Herbst dieses Jahres etwa 168 der maximal belastbaren Turbinenschaufeln hergestellt. Langfristig werden bis 2031 sogar über 2.500 Komponenten vom Hauptsitz in Ilz nach Texas ausgeliefert. Die Fertigung ist bereits angelaufen.
Dank des milliardenschweren Konjunkturprogramms „Inflation Reduction Act“ (IRA) hat der Ausbau der erneuerbaren Energien in den USA massiv an Fahrt aufgenommen. Bis 2028 rechnet die Branche mit einem jährlichen Wachstum von 14 Prozent. Allein im vergangenen Jahr wurden in den USA Solaranlagen mit einer Kapazität von 33 Gigawatt installiert. Paradoxerweise führt ausgerechnet der Ausbau der erneuerbaren Energien zu einem Boom von stationären, gasbetriebenen Kleinkraftwerken: Vor allem umgebaute, in die Jahre gekommene Flugzeugtriebwerke sollen in Dunkelphasen das US-Stromnetz stabilisieren. Die Modifikation der Turbinen erfordert dementsprechend umfassendes Luftfahrt-Know-how sowie maximales Material-Verständnis: Diese spezifischen Anforderungen haben den US-Konzern, der mit der Umsetzung betraut wurde, bis ins oststeirische Ilz zu M&H geführt.
Zweistelliger Millionenbetrag
Der steirische 3D-Druck-Pionier hat sich – trotz hochkarätiger internationaler Konkurrenz – als strategischer Partner in der Transformation der Gasturbinen etabliert: In einer Pilotphase werden bis zum Herbst dieses Jahres 168 additiv gefertigte Turbinenschaufeln, die am Abgasstrang der Turbineneinheit zum Einsatz kommen, über weitere Stationen – allen voran die Niederlande – nach Texas ausgeliefert. Bei entsprechendem Projekterfolg verlängert sich der Rahmenvertrag bis 2031 auf über 2.500 Komponenten. Auch entsprechende Engineering-Dienstleistungen stellt M&H zur Verfügung. „Für unser Unternehmen markiert die langfristige Beauftragung durch unseren Partner einen echten Meilenstein. Diese Zusammenarbeit betont nicht nur unsere Kompetenz im Bereich des 3D-Metalldrucks, sondern stärkt auch unsere Position auf dem internationalen Markt. Möglich machen das vor allem unsere außergewöhnlichen Mitarbeiter – jeder Einzelne leistet einen wesentlichen Beitrag zu diesem für uns historischen Erfolg“, freut sich M&H-Geschäftsführer Patrick Herzig. Die Beauftragung beläuft sich insgesamt auf einen zweistelligen Millionenbetrag, die ersten Bauteile seien bereits zur „vollsten Kundenzufriedenheit“ ausgeliefert worden.
Know-how im Umgang mit komplexem Material
Konkret liefert M&H komplexe, innen hohle Strukturelemente aus dem hitzebeständigen Material Inconel 718. Die Nickel-Chrom-Legierung macht die Verarbeitung nicht nur komplex, sondern erfordert auch den Prozess des „Predeformings“: „Während des Fertigungsprozesses können Materialien wie Inconel 718 durch Hitze oder mechanische Kräfte verformt werden. Durch diese Technik wird das Material so vorgeformt, dass es nach den Bearbeitungsschritten die richtige Form und Größe behält“, erklärt Herzig. Dass ein 3D-Druck-Spezialist aus der Steiermark beim Großprojekt in den USA zum Einsatz kommt, führen die Entscheidungsträger eben auf das umfassende Know-how im Umgang mit der Legierung sowie auf den hochmodernen Maschinenpark zurück. „Wir konnten bei den ersten übermittelten Prototypen sofort von unseren Qualitäten überzeugen und sofort vorhandene Bestleistungen in Präzision und Steifigkeit übertroffen. Auch da wir mit unserer SLM800 über einen der größten 3D-Metalldruckern in Österreich verfügen“, sagt Jochen Wagner, Vertriebsleiter von M&H.
„Wir sind auf Kurs“
Teil der Beauftragung seien überdies umfangreiche Bauteilprüfungen, so M&H-Geschäftsführer Herzig. Dazu zählen etwa Materialanalysen, die nach der Herstellung durchgeführt werden, chemische Überprüfungen, Zugproben, Dichtewürfeltests und Rissprüfungen. Herzig betont: „Diese Tests sind entscheidend, um sicherzustellen, dass alle Anforderungen, die sich an Standards der Luftfahrtindustrie orientieren, erfüllt werden und die Bauteilqualität auf einem hohen Niveau bleibt.“ Hier habe man von der Erfahrung auch aus anderen Branchen profitiert – etwa aus der qualitätsbetonten Luftfahrt, wo derartige Tests „zum Standardprozedere gehören“, sagt Herzig. Oder aus dem Rennsport, allen voran die Formel 1, wo die Ilzer mittlerweile als Partner unterschiedlicher Teams an Bord sind. „Wir haben momentan einen richtig guten ‚Drive‘, können dadurch auch dem nach wie vor insgesamt schwierigen Marktumfeld trotzen. Wir sind voll auf Kurs“, so Herzig.